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Hochsensibilität als Chance

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„Ich habe jahrelang geglaubt, mit mir stimmt etwas nicht.“ Das ist die typische Aussage einer Hochsensiblen. 15 bis 20 % der Bevölkerung verfügen über diese Besonderheit.

fotolia©BillonPhotosHochsensible sind anders. Aufgrund einer speziellen neurologischen Schaltung im Gehirn können sie besonders viele Reize wahrnehmen – positive wie negative. Das bedeutet, dass sie positive und negative Situationen sehr intensiv erleben. Das bringt auch Probleme mit sich. Sie sind sehr schnell reizüberflutet und ziehen sich dann in sich selbst zurück. Sie brauchen mehr „Oasen der Seele“, um sich zu erholen und die auf sie einstürmenden Reize zu verarbeiten. Das führt dazu, dass sie ihre besondere Fähigkeit als Belastung empfinden und darunter leiden, anstatt sie als große Chance zu begreifen.

Mit diesem Artikel möchte ich einen Überblick über die wichtigsten Aspekte des Themas geben und dabei meine eigenen Erfahrungen als Hochsensible einfließen lassen.

Warum dieses Thema?

  • Um es insgesamt bekannter zu machen.
  • Weil es 15 bis 20% der Bevölkerung betrifft, die relativ unauffällig vor sich hinleben.
  • Weil Hochsensible oft von Kindesbeinen an darunter leiden und ihre speziellen Fähigkeiten als Makel empfinden.
  • Weil ich meine eigenen Erfahrungen im Umgang mit dem Phänomen weitergeben möchte.
  • Weil die sich immer weiter beschleunigende Umwelt genau das jetzt braucht: Achtsamkeit und die Wertschätzung sozialer Qualitäten.

Sagt jemand von sich: „Ich bin hochsensibel“, wird das oft von anderen simpel als „Ich bin sehr sensibel“ verstanden und vielleicht sogar belächelt. Über die Begrifflichkeit Hochsensibilität, ihre neurologischen Besonderheiten, Hintergründe und Chancen ist in der Allgemeinheit wenig bekannt.

Forschung

fotolia©MiramistaElaine N. Aron, die amerikanische Psychotherapeutin, war eine der ersten, die sich näher mit dem Thema beschäftigte, und sie leistete dabei Pionierarbeit. 1996 veröffentlichte sie erste Ergebnisse aus ihren eigenen umfangreichen Forschungen, in die sie auch die Erfahrungen aus ihrer eigenen therapeutischen Praxis einbezog („Sind Sie hochsensibel?“). Andere Therapeuten folgten ihrem Beispiel.

In den letzten Jahren konzentrierte sich Aron vor allem auf hochsensible Menschen in Beratung und Therapie. Irritationen, die aus der Hochsensibilität resultieren, werden in der therapeutischen Praxis oft mit mentalen Störungen verwechselt, z. B. mit sozialen Phobien, Depressionen bis hin zu autistischen Störungen (s. Literatur).

Hochsensibilität zeigt sich normalerweise schon im Kindesalter. Hochsensible Kinder sind in der Regel gefühlsmäßig empfi ndsam („Sensibelchen“), zurückhaltend und beteiligen sich nur bedingt an den „wilden Spielen“ ihrer nicht sensiblen Artgenossen. Sie sind sehr vorsichtig und beobachten erst sehr genau, bevor sie sich auf Menschen und Situationen einlassen. Das wird ihnen häufig als Feigheit angekreidet, obwohl es einfach ein genaues Abwägen aller Aspekte einer Situation ist, bevor sie sich hineinbegeben – eine Fähigkeit, die sie auch im Erwachsenenalter beibehalten.

Wenn ich hier übrigens den Terminus „nicht sensibel“ benutze, so bedeutet dies nicht, dass es sich dabei um psychisch robuste unerschütterliche Zeitgenossen handelt. Sie sind durchaus in unterschiedlichen Graden sensibel, nur eben nicht in dem Ausmaß, wie es für die Hochsensiblen zutrifft. „Nicht sensibel“ ist der in der Forschung gebräuchliche Begriff.

In der Geschlechterverteilung tritt Hochsensibilität bei Männern und Frauen gleich häufig auf. Bei Männern ist sie jedoch oft weniger offensichtlich, da das Rollenbild in unserer Gesellschaft nach wie vor Männern weniger erlaubt, ihre Sensibilität allzu sehr in den Vordergrund zu stellen.

Das Thema Hochsensibilität ist übrigens nicht so neu, wie man annehmen könnte. Bereits C. G. Jung befasste sich damit. Er nannte die Phänomene zu seiner Zeit „Sensibilität“ und „Introversion“.

Die individuelle Ausprägung der Hochsensibilität sollte – vor allem in der therapeutischen Praxis – nicht unterschätzt werden. Die oder den typischen Hochsensible(n) gibt es nicht. Es existieren viele Varianten aufgrund der eigenen Erfahrungen und Lebensumstände. Es gibt jedoch eine Anzahl von Gemeinsamkeiten, die hochsensible Menschen auszeichnen und auf die ich im Folgenden eingehen möchte.

Noch kurz zum Unterschied zwischen hochsensibel und hochbegabt. Wie die Forschung herausgefunden hat, sind fast alle Hochbegabten auch gleichzeitig hochsensibel, aber nur ein gewisser Prozentsatz (etwa 3 %) der Hochsensiblen ist gleichzeitig hochbegabt; nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die Hochsensiblen fast 20 % der Bevölkerung ausmachen.

Ursachen der Hochsensibilität

Wie entsteht Hochsensibilität? Nachdem man zunächst annahm, dass es sich dabei um eine persönliche Veranlagung bzw. einen individuellen Charakterzug handelt, stellte sich schon zu einem frühen Zeitpunkt der Forschung heraus, dass die Ursache ein greifbares neurologisches Phänomen ist. Bestimmte Vernetzungen im Gehirn sorgen dafür, dass besonders viele Reize gleichzeitig aufgenommen werden können und die eingehenden Informationen besonders gründlich verarbeitet werden.

Dieses „Talent“, wie ich es nennen möchte, wird auch genetisch vererbt. Wenn Sie sich selbst als hochsensibel erkannt haben, überlegen Sie bitte einfach einmal, ob Sie unter Ihren Vorfahren Menschen kennen, die ähnliche Charakterzüge aufweisen. Sie werden mit Sicherheit welche finden.

Ich möchte dabei betonen, dass Hochsensibilität vererbt werden kann – aber nicht muss. So gibt es Familien mit mehreren Kindern, in denen eines hochsensibel ist, ein anderes nicht. In der Forschung konnte bisher noch nicht geklärt werden, wovon die Vererbung im Einzelfall abhängt. Da ich selbst zwar hochsensibel, aber keine Neurologin bin, möchte ich Sie für weitere Details zu diesem Aspekt an die einschlägige Literatur verweisen (s. Literatur).

Auswirkungen/Problematik

Hochsensiblen Menschen gemeinsam ist, dass sie ihre Begabung oft nicht schätzen, sondern als Makel empfinden. Sie leiden darunter, dass sie nicht so belastbar sind wie ihre nicht sensiblen Zeitgenossen, dass sie mehr Erholungspausen zu brauchen scheinen, viel grübeln und länger brauchen als andere, um ein Thema zu durchdenken, einzuschätzen und dann zu einer Entscheidung zu kommen.

Zusätzlich kompliziert wird die Sache dadurch, dass viele Hochsensible gar nicht wissen, dass sie hochsensibel sind und was das bedeutet.

Ich selbst bin erst vor drei Jahren darauf aufmerksam geworden und habe mich seitdem mit dem Thema intensiv befasst. Das Wichtigste für uns Hochsensible ist es, die positiven und negativen Aspekte in Einklang zu bringen. Wie immer geht es auch hier um Balance. Im ersten Jahr ist mir das relativ schwergefallen. Ich habe es mehr als Fluch betrachtet statt als Talent. Mit der Zeit – im Rahmen, in dem ich auch von meiner Umwelt mehr Rücksichtnahme eingefordert und mir selbst mehr Rücksicht auf mich selbst eingeräumt habe – habe ich die Hochsensibilität sehr schätzen gelernt und setze sie auch bewusst, z. B. in der Kommunikation mit anderen Menschen, ein.

Zentrale Merkmale

Elaine N. Aron nennt in ihrem neuesten Buch „Hochsensible Menschen in der Psychotherapie“ vier Grundkomponenten, die hochsensible Menschen auszeichnen:

1) Gründliche Informationsverarbeitung
2) Übererregung
3) Emotionale Intensität
4) Sensorische Empfindlichkeit

Das bedeutet im Einzelnen:

1) Bereits hochsensible Kinder überlegen sich alles sehr gründlich, bevor sie sich „in ein Abenteuer“ stürzen. Diese Fähigkeit bleibt ihnen auch im Erwachsenenalter erhalten. Dadurch wirken sie auf andere oft langsam und zögerlich, sei es bei privaten, aber auch beruflichen Entscheidungen. Wenn sie dann aber eine Entscheidung treffen, liegen sie in der Regel damit richtig. Hochsensible sind die perfekten Eventualplaner. Jeder mögliche Fall wird erwogen und es gibt normalerweise immer einen Plan B für die Lösung von Problemen.

2) Hochsensible Menschen geraten durch ihre Fähigkeit, Reize zahlreicher und verstärkter wahrzunehmen, schnell in einen Zustand von Aufregung und Stress. Ihr Cortisolspiegel steigt schneller als bei Nichtsensiblen und wird wesentlich langsamer wieder abgebaut. Dadurch befinden sie sich in einem ständigen Dauerstress, der auf psychischer Ebene zu Symptomen wie Schlaflosigkeit, ständigem Grübeln bis hin zu Depressionen und einem ständigen Gefühl der Überlastung führen kann. Für Hochsensible ist es deshalb wichtig, wahrzunehmen, wann einfach „alles zu viel“ wird, und mit verstärkten Ruhepausen oder anderen Ausgleichstechniken rechtzeitig darauf zu reagieren.

3) Hochsensible nehmen nicht nur verstärkt Reize auf, ihre emotionale Reaktion darauf ist auch wesentlich intensiver, im Positiven wie im Negativen. Entsprechend schnell geraten sie daher auch aus der gefühlsmäßigen Balance. „Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt“ könnte man sagen. Leider ist es oft so, dass die negativen Gefühle eher wahrgenommen werden. Deshalb ist es für Hochsensible wichtig, auch den positiven Gefühlen ihren gleichberechtigten Raum einzuräumen. Auf diese Weise kann die innere Balance wiederhergestellt werden.

4) Die sensorische Empfindlichkeit ist ein weiterer Punkt im „Gesamtpaket Hochsensibilität“, wie Elaine N. Aron das nennt. Darunter fällt eine verstärkte körperliche Empfindsamkeit, die alle Sinneskanäle betreffen kann, auch wenn Hochsensible – wie alle anderen Menschen – durchaus einem oder zwei Sinneskanälen den Vorzug geben. Dazu gehört z. B., dass sie schmerzempfindlicher reagieren können, auf Medikamente stärker ansprechen oder unter Lärm, greller Beleuchtung und sogar Hunger stärker leiden. Auch ein simpler Einkaufsbummel kann nach gewisser Zeit zu einer Überreizung führen und Hochsensible dazu veranlassen, schleunigst in den sicheren Hafen ihrer Wohnung zu flüchten.

Weitere Merkmale

Womit wir bei einem weiteren Merkmal hochsensibler Menschen sind: Sie neigen oft dazu, sich von der Welt zurückzuziehen, da sie lange brauchen, um die auf sie einstürmenden Reize und Sinneseindrücke zu verarbeiten. Sie brauchen viel Zeit für sich und sind auch gerne mal mit sich allein. Eine Gefahr besteht darin, diesen Rückzug zu übertreiben und ein regelrechtes Vermeidungsverhalten zu entwickeln, um Situationen auszuweichen, in denen sie sich nicht wohlfühlen.

Das gilt vor allem für soziale Interaktionen. Da Hochsensible sich in der Regel sehr an die Personen, mit denen sie umgehen, anpassen und aufgrund ihrer starken Empathie auch sehr deutlich die Erwartungen wahrnehmen, die an sie gestellt werden, führt das zu einer ständigen unterschwelligen Angst und Verunsicherung. Sie sehen sich durch die Augen der anderen, vergleichen und schneiden dabei für ihr eigenes Empfinden schlecht ab. Sie stellen hohe Ansprüche an sich selbst, strengen sich dann noch mehr an – und „versagen“ in ihren eigenen Augen dann noch mehr. Ein Teufelskreis, zumal Hochsensible, wenn sie sich kontrolliert fühlen, nicht mehr ihr volles Potenzial ausschöpfen können und es durchaus passieren kann, dass der Stress sie lähmt. Das erzeugt vor allem auch Probleme am Arbeitsplatz.

Sie fühlen sich für alles verantwortlich und vergessen dabei die Fürsorge für sich selbst und trauen der Wahrnehmung anderer mehr als ihrer eigenen, da die Art, wie sie die Welt wahrnehmen, oft als „schräg“ angesehen wird. Der Kampf gegen die eigene Wahrnehmung wird zum Kampf gegen sich selbst. Zumal hochsensible Menschen häufig kein besonders ausgeprägtes Selbstwertgefühl entwickeln, weil sie von Kind auf als „komisch“ gelten und die Gesellschaft ihre speziellen Qualitäten immer noch nur in sehr geringem Maße schätzt.

Ich möchte noch einmal betonen, dass die bisher beschriebenen Merkmale nicht auf alle Hochsensiblen zutreffen, sondern es viele verschiedene Ausprägungen gibt. Wenn Sie sich selbst „testen“ möchten, empfehle ich Ihnen den von Elaine N. Aron entwickelten Standardfragebogen (s. Literatur).

„Das Talent“

Nachdem wir uns bisher mit den Merkmalen und Auswirkungen der Hochsensibilität beschäftigt haben, wird es Zeit, die besonderen Qualitäten wertzuschätzen, die sich aus dieser biologischen Besonderheit ergeben. Mir liegt es dabei vornehmlich am Herzen, hochsensible Menschen zu ermutigen, ihr „Anderssein“ nicht mehr als Makel zu empfinden, sondern sich selbst mit anderen Augen zu sehen und sich selbst neu zu bewerten. Machen Sie sich diese Ressourcen zunutze – für sich selbst, für andere und für die sich immer stärker beschleunigende und technisierende Gesellschaft insgesamt.

Da wäre zunächst die Empfänglichkeit für Reize und die geschärfte Wahrnehmung. Sie machen Hochsensible zwar einerseits anfälliger für Stress, sorgen aber andererseits dafür, dass sie eine Menge Informationen erhalten, die anderen entgehen.

Hochsensible haben eine ausgeprägte Intuition. Sie merken immer alles zuerst, ahnen Entwicklungen im Voraus und können sich und andere rechtzeitig vorbereiten und Dinge vorausplanen. Das gilt nicht nur im Beruf, sondern auch bezüglich privater und gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen. Sie beobachten diese genau und da sie normalerweise nicht sofort handeln, sondern sich zunächst einen möglichst genauen Überblick über die Dinge verschaffen, sind sie in der Lage, auch längerfristige Konsequenzen abzuschätzen und z. B. in Notsituationen zuzupacken. Das, gepaart mit Ordnungsliebe und Sorgfalt – leider auch manchmal bis hin zum Perfektionismus –, macht sie u. a. zu geschätzten Mitarbeitern, vorausgesetzt, sie haben den richtigen Beruf, der diesen Fähigkeiten entgegenkommt.

Bei Hochsensiblen dauert es oft lange, bis sie den richtigen Beruf für sich gefunden haben, da sie Beruf und Berufung gleichsetzen. Da sie in der Regel auch ein gesamtgesellschaftliches Anliegen haben und sich für Ausgleich und Gerechtigkeit einsetzen, suchen sie Berufe, die für Entwicklung stehen und in denen sie andere und sich selbst weiterbringen können.

Die angeborene Kreativität kann zum Finden von Lösungen in vielerlei Hinsicht beitragen. Viele Hochsensible sind in beratenden Berufen tätig, sie sind Lehrer, Dozenten, Therapeuten oder in künstlerischer Hinsicht aktiv als Maler, Musiker oder Schriftsteller. Im Zusammenspiel mit ihrer Empfindsamkeit sind sie hier sehr im Vorteil.

Ein weiteres Plus ist ihr Einfühlungsvermögen und die Empathie, die sie anderen entgegenbringen. Hochsensible spüren die Schwingungen ihrer Mitmenschen genau und stellen sich darauf ein, manchmal bis hin zur Selbstverleugnung. (Ich erinnere mich aus meiner eigenen Kindheit daran, dass meine Mutter immer sagte: „Wenn du nach Hause kommst, kann ich genau sagen, mit welchem Kind du gespielt hast.“)

Diese Fähigkeit macht sie zu guten Zuhörern und fürsorglichen Mitmenschen. Sie haben ein ausgeprägtes Harmoniebedürfnis. Und das ist in diesem Fall positiv gemeint. Sie legen keinen Wert darauf, anderen ihre Meinung aufzudrängen oder Prinzipiendiskussionen zu führen. Sie haben ein Talent, andere so sein zu lassen, wie sie sind.

Trotzdem haben Hochsensible in der Regel keinen großen Freundeskreis. Da sie große Menschenansammlungen gerne meiden, haben sie meist nur einige gute Freunde, mit denen sie sich dann aber intensiv austauschen. Diese Freundschaften halten dann auch über viele Jahre.

Was können Hochsensible für sich selbst tun?

Hochsensibel sein ist eine Bereicherung, aber auch eine Herausforderung. Der erste Schritt ist, überhaupt zu registrieren, dass man hochsensibel ist, und dann individuelle Strategien zu entwickeln, um damit umzugehen.

Wichtig ist vor allem, eine innere Balance herzustellen und diese auch zu halten. Das bedingt, nicht nur nach außen und auf andere gerichtet zu sein, sondern auch nach innen – öfter mal innehalten. Dies geschieht in der einfachsten Form durch genügend Ruhepausen, „seelische Oasen“, in denen man etwas für sich tut. Sie haben sicher selbst schon Dinge gefunden, die Ihnen guttun. Das kann etwas Meditatives sein, Sport oder ganz einfach eine schöne Tasse Tee, ein Kreuzworträtsel etc.

Da viele Hochsensible eine künstlerische Ader haben, bieten sich auch diese Aktivitäten an. Besonders geeignet sind Malen, Plastizieren, Musizieren, Schreiben oder – wie bei mir – Tanzimprovisation. Alles jedenfalls, das geeignet ist, Spannungen abzubauen und Erfahrungen einzuordnen und zu verarbeiten.

Als Sportarten eignen sich besonders diejenigen, die nicht am Wettbewerb orientiert, sondern eher spielerisch sind, wie Joggen, Yoga etc. Hochsensible konkurrieren normalerweise nicht gerne.

Als weitere sehr wirksame Hilfe wird von vielen Hochsensiblen ein intensiver Kontakt mit der Natur, Tieren etc. beschrieben.

Neben diesen mehr äußerlichen Aktivitäten gibt es auch einige psychische Dinge, denen man als hochsensibler Mensch Beachtung schenken sollte.

Wir hatten bereits über die Tendenz Hochsensibler gesprochen, sich zurückzuziehen. Als Ruhepause und „Entstressungshandlung“ ist das auch durchaus berechtigt. Allerdings kann es auch dazu führen, dass man sich zu oft zurückzieht und die Welt dann mehr oder weniger an sich vorbeiziehen lässt. Tut man das über einen längeren Zeitraum hinweg, kann das durchaus in eine soziale Isolation und den Verlust sozialer Kompetenzen führen. Deshalb der Tipp: Nehmen Sie auf jeden Fall Gelegenheiten zum sozialen Kontakt wahr, auch wenn Sie es manchmal als anstrengend empfinden und sich lieber zurückziehen möchten (manchmal gilt hier „Augen zu und durch“). Sie werden durch neue Erfahrungen, Anregungen und Kontakte bereichert.

Bewerten Sie Ihre eigenen Fähigkeiten neu, auch im Hinblick auf Ihre Vergangenheit. Viele Probleme, die sich aus der Hochsensibilität ergeben, lösen sich einfach schon durch die Erkenntnis „was mit einem selbst los ist“. Andere Erfahrungen, die Sie gemacht haben, lassen sich aus einem neuen Blickwinkel heraus betrachten und interpretieren (Stichwort „Reframing“). Stärken Sie Ihre hochsensiblen Ressourcen und entwickeln Sie Ihre ganz persönlichen Strategien, mit Ihrem „Talent“ umzugehen.

Statt sich an die vorherrschenden Normen zu halten, passen Sie die Normen an sich an, sodass sie Ihnen guttun. Betrachten Sie die Welt von Ihrem eigenen Standpunkt aus. Sie werden mit Ihrer detaillierten Beobachtungsgabe, Intuition und persönlichen Beurteilung ganz sicher nicht in die Irre gehen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Spaß dabei!

Literatur

  • Aron, Elaine N.: Sind Sie hochsensibel? mvg Verlag, München
  • Aron, Elaine N.: „Hochsensible Menschen in der Psychotherapie“, Junfermann Verlag, Paderborn
  • Sellin, Rolf: Wenn die Haut zu dünn ist: Hochsensibilität – vom Manko zum Plus, Kösel Verlag, München
  • Parlow, Georg: Zart besaitet: Selbstverständnis, Selbstachtung und Selbsthilfe für hochsensible Menschen, Festland Verlag, Wien
  • Standard-Fragebogen zur Hochsensibilität, in den o. g. Büchern von Elaine N. Aron oder www.hochsensitive.wordpress.com/tests

Silke Helbich Silke Helbich
Psychologische Beraterin, Systemischer Coach, NLP-Master (DVNLP), Dozentin an der Paracelsus Schule Dresden

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