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Männer als Klienten – Teil 3: Trainingsprogramm für Männlichkeit oder endlich erwachsen werden

„Das Patriarchat ist die Krankheit, von der größte Gefahr für Körper und Geist von Männern ausgeht“, schreibt Christian Gesellmann in einem Artikel vom 5.5.2021 in https://krautreporter.de/
Ich denke: Immer noch. Immer noch? Immer noch!

Es sieht ja so aus, als gäbe es leichtere Aufgaben, als in der Gegenwart auf eine angemessene Art und Weise ein erwachsener Mann zu werden. Meine männlichen Patienten belegen mir das auf unterschiedliche Weise. Wenn ich mich aber frage, was ihnen gemeinsam ist, so komme ich auf einige wenige Themen: Reden, Sexualität, Vater sein. Darunter: Sprachlosigkeit, verschwitzte Heimlichkeiten, Sohn sein.

Vom Opfer zum Schöpfer deines Lebens werden

Keine Gründe mehr für Erfolge und Misserfolge: nicht mehr Eltern, Partner, Kinder, widrige oder glückliche äußere Umstände, keine Gründe mehr im Außen suchen.

99713422 MachoDie Opferhaltung spiegelt die Ablehnung der Verantwortung. Opfer lamentieren über widrige Umstände, jammern über Partner und ertragen leidend missliebige Situationen. Viele Freunde bestärken einen in der Ohnmacht. Auf die Idee, dass jemand selbst verantwortlich ist, wenn er stolpert und fällt, kommen nur sehr wenige. Man sucht Beweise für seine Opferrolle. Damit schwächt man seine Fähigkeit, sein Leben in die Hand zu nehmen. Dabei sind vor allem die Gedanken und Einstellungen genau das, was jeder Mensch verändern kann.

Eine stärkende Haltung ist die des Schöpfers. Er übernimmt Verantwortung für alles, was er denkt, sagt und tut. Er sucht Ursachen in sich. Er lebt nach seiner aktiven und kreativen Energie. Für Unglück sucht er nicht nach Ursachen oder Gründen im Außen, sondern in sich selbst. Weil er weiß, dass es ihn schwächt, wenn er jammert oder anderen die Schuld gibt. Er kann die Konsequenzen ziehen, sodass er bessere Resultate erzielt und ein Leben führt, das seinen Möglichkeiten und Visionen entspricht.

Einer meiner Lieblingsaphorismen lautet: Gründe sind für Feiglinge und Anfänger. Wie das für Aphorismen typisch ist, überzeichnet dieser Satz manche ganz realen Gegebenheiten: alkoholkranke Eltern, Gewalt in ihren verschiedenen Erscheinungsformen, krisenhafte Biografien gibt es nicht nur, sondern sie verändern auch das Leben der Betroffenen. Aber die Opfer dieser Umstände gehören in eine Beratung, die anderes zum Gegenstand hat als das Thema Männlichkeit, das Pendant zur Weiblichkeit, zum Lebenspartner.

Schöpfer und Bestimmung oder nicht: Für beide Haltungen gibt es unzählige Beweise. Schöpfer des eigenen Lebens zu sein ist eine kreative Haltung, mit der du auf Widerstand stoßen wirst.

97789512 AusspracheErfolgreiche Kommunikation zwischen Mann und Frau

Gefordert sind Qualitäten des Herzenskriegers und das offene Herz des Königs (siehe Teil 2 dieses Beitrags).

1. Einen geeigneten Rahmen schaffen

Eine entspannte, neutrale Situation. Das Gespräch ankündigen und die Zustimmung dazu einholen. Akzeptiere Nichtbereitschaft. Einen anderen Zeitpunkt vereinbaren. Betone, dass es dir wichtig ist. Einen neutralen Ort in der Wohnung auswählen.

2. Gemeinsame konstruktive Ausrichtung

Sage, um welches positive Ziel es dir geht. „Ich möchte, dass wir lernen, besser miteinander zu kommunizieren. Ich möchte, dass wir wieder besseren Sex miteinander haben.“ Formuliere es so, dass es auch für die Partnerin attraktiv ist. Knüpfe an frühere, bessere Zeiten an.

3. Von sich erzählen

Frag, ob sie bereit ist, sich anzuhören, wie es dir geht. Erzähl ihr, was dich gestört hat. Bleibe konkret und vermeide Verallgemeinerungen. Wähle ein, zwei typische Beispiele aus. Vermeide Du-Botschaften, Zuweisungen und Vorwürfe. Beschreibe, was in dir vorgegangen ist und was du dir wünschst. Bleibe in der Ich-Form.

Weise bei Unterbrechungen darauf hin, dass du sie gleich anhören wirst, aber erst einmal deine Seite schildern willst. Es geht noch nicht um Lösungsvorschläge.

Vermeide psychologische Erklärungen und Deutungen ihres Verhaltens.

Vermeide Wiederholungen. Sie machen unglaubwürdig.

4. Mit dem Herzen zuhören

Sage ihr, dass du jetzt bereit bist, ihr zuzuhören, wie es ihr in der Situation ergangen ist. Und dann höre auch wirklich zu. Öffne dein Herz und mach dir klar, dass dies die Frau ist, die du liebst. Fühle dich nicht gleich angegriffen. Gehe nicht in Verteidigung oder Rechtfertigung. Überlege nicht gleich Antworten oder Rechtfertigungen, das verschließt ihr Herz.

Denk daran, dass sie auch manchmal verletzt, ungeschickt oder ängstlich ist. Versuche, das Mädchen in der Partnerin zu sehen. Es könnte sein, dass du etwas falsch verstanden hast. Lass sie ausreden. Bedank dich für die Offenheit.

5. Annäherung

Dieses Erzählen kann durchaus ein paarmal hin- und hergehen. Danach geht es darum, herauszufinden, was genau der gemeinsame Feind der Liebe ist.

Keine Diskussionen, keine Kommentare!

6. Konflikte akzeptieren

Solange man noch streitet, ist die Partnerschaft nicht tot. Es ist noch Energie und Interesse aneinander da. Akzeptiere, dass Auseinandersetzungen zur Partnerschaft gehören. Führe die Auseinandersetzungen über den Quellkonflikt statt über Nebensächlichkeiten. Entwickele eine Bewusstheit über die positiven Aspekte des Streits. Pflege eine faire Streitkultur.

12 Regeln für faire Auseinandersetzungen

1. Ein Krieger kämpft fair und ehrenhaft. Nur ein Feigling oder ein Sadist wird hinterhältig oder bewusst verletzend. Machen Sie sich also in einer Auseinandersetzung mit der Partnerin deutlich, dass Sie sie nicht bewusst verletzen oder niedermachen wollen. Ein paar Regeln helfen dabei:

2. Akzeptieren Sie, wenn Ihre Partnerin einmal nicht bereit ist zur Auseinandersetzung und ihre Ruhe haben will. Aber machen Sie dann einen anderen Zeitpunkt aus.

3. Wenn Sie selbst nicht bereit sind zu streiten, sagen Sie das klar und gehen aus dem Kontakt. Das können Sie aber nicht ständig machen, denn das wäre pure Feigheit. Bieten Sie Alternativen an.

4. Streiten Sie über das wahre Thema, um das es geht, und tischen Sie nicht alte Kamellen von letztem Jahr immer wieder auf. Das führt Sie nur zu Nebenschauplätzen.

5. Akzeptieren Sie keine Ablenkungen vom Thema. Oft ist der eigentliche zentrale Konflikt so brisant, dass ein Partner jede Gelegenheit wahrnimmt, um davon abzulenken.

6. Streiten Sie über etwas, worüber es sich lohnt zu streiten. Sinnlose Auseinandersetzungen über den Abwasch führen nicht weiter. Machen Sie sich also vorher deutlich, um was es geht, und sprechen Sie das Thema direkt an.

7. Schläge unter die Gürtellinie sind verboten. Dazu gehören: Androhungen, den Partner zu verlassen und fremdzugehen. Aber auch Erpressung und bewusste Demütigung sind unfair und destruktiv. Sie erzeugen Trotz.

8. Vermeiden Sie Streit im Bett oder an anderen Orten, mit denen Sie gemeinsame schöne Erlebnisse verbinden, denn diese positiven Verknüpfungen werden sonst dadurch zerstört.

9. Vermeiden Sie Streit vor Freunden oder Kollegen, wenn das den Partner bloßstellt oder berufliche Nachteile entstehen.

10. Bleiben Sie stets flexibel. Verkrampfen Sie nicht im Streit und seien Sie offen für plötzliche Wendungen. Wie schon erwähnt: Manchmal wird aus einem Streit eine erotische Begegnung oder beide müssen lachen. Oder zusammen weinen.

11. Bleiben Sie immer im Kontakt mit Ihrer Partnerin. Schauen Sie ihr in die Augen und beziehen Sie sich auf sie. Denn der tiefere Sinn eines Streits ist immer der Kontakt und die Intimität – letztlich gilt es, die Liebe wiederzufinden.

12. Wenden Sie keine körperliche Gewalt an und akzeptieren Sie das auch nicht bei Ihrer Partnerin. Wenn Gewalt im Spiel ist, wird es Zeit, sich professionelle Hilfe zu suchen. Denn dann liegen ein echter Kontrollverlust und ein destruktives Grundmuster vor.

134588185 Sex Haende
Männliche Sexualität

Sexualität hat ein erhebliches Potenzial. Sie kann zufrieden machen, wenn sie erfüllt ist und in gegenseitigem Einverständnis in Bezug auf die Art, die Frequenz und die unterschiedlichen Rollen getragen ist. Sie kann unzufrieden machen, wenn Ratlosigkeit, Sprachlosigkeit, falsche Informationen oder Mythen sie beherrschen. Hier stelle ich zehn Mythen über gemeinsame Sexualität vor:

Körperkontakt = Sex

Das ist nicht so. Die Partnerin wünscht sich oft nur Zärtlichkeit und Körperkontakt.

Sex = Geschlechtsverkehr

Geschlechtsverkehr ist nur eine von vielen möglichen Spielarten des Sex. Abwechslungsreichtum belebt die Sexualität. Suche nach deinen und ihren geheimen Wünschen. Gib der Fantasie der Beteiligten einen angemessenen und geschützten Raum. Erlaube dir, neugierig zu sein.

Orgasmus ist Pflicht

Sex ist keine ernste und harte Arbeit, kein Leistungssport. Arbeite dich nicht an deiner Partnerin ab wie ein stupider Dampfhammer. Ein Orgasmus ist keine Pflicht. Kläre ab oder mach dir klar, wer für wessen Orgasmus zuständig ist: er für beide, sie für beide, jeder für seinen oder beide für den des anderen. Kläre ab, wie der Orgasmus am besten gelingt. Frage nach Wünschen und Fantasien.

Reden stört beim Sex

Hör auf, herumzuirren und auszuprobieren, frag deine Partnerin, was sie mag, und sag ihr, was du magst. Manche Frauen törnt es an, beim Sex zu reden: hören, zuhören und Geräusche inspirieren.

Liebe gut = Sex gut

Sexualität ist sehr komplex und störanfällig und immer wieder ein neues Abenteuer. Akzeptiere Störungen und sprich darüber, bevor sie zu groß werden.

Jemanden zu lieben bedeutet nicht, seine sexuellen Wünsche zu kennen. 90 % der Männer geben an, sexuelle Wünsche zu haben, die sie gerne einmal ausprobieren würden. Sie haben sie ihren Partnerinnen bisher nicht mitgeteilt, weil sie Angst vor Zurückweisung oder Ausgelachtwerden hatten oder sich schämten, bevor sie es überhaupt ausprobiert haben. Probiere es aus, du könntest positiv überrascht werden.

Ein Mann ist allzeit bereit

Nimm dir das Recht heraus, eine Einladung zum Sex auch einmal abzulehnen. Deine Attraktivität erhöht sich dadurch.

Beim Sex muss man immer eine pralle Erektion haben

Muss man nicht. Erregung unterliegt Höhen und Tiefen auch innerhalb eines Sexualspiels. Sex ist eine Wellenbewegung und wenn du Sex genießen willst, dann akzeptiere das.

Ohne Erektion kein Sex

Sprich mit deiner Partnerin darüber, wenn es mal nicht klappt. Streicheln, küssen, massieren, kuscheln sind andere Möglichkeiten. Genieße das Zusammensein.

Onanieren vor dem Partner ist verboten

Wenn deine Partnerin gerade keine Lust hat, erinnere dich daran, dass du zwei gesunde Hände hast. Manche Frau törnt es übrigens an, dabei zuzusehen. Wenn du selbst Hand anlegst, heißt das nicht, dass der Partner nicht gut genug ist. Es ist nur eine Variante.

In der Partnerschaft schläft man jede Nacht in einem Bett

Erzeuge Sehnsucht und Vorfreude beim anderen, indem du dich bisweilen zurückziehst. Der Partner muss nicht ständig zur Verfügung stehen.

Männliche Sexualität

Am Anfang haben beide, Männer und Frauen, Angst vor der Sexualität:

  • Angst, vor Verletzung
  • Angst etwas falsch zu machen
  • vor Kontrollverlust
  • davor, zu versagen
  • den anderen zu überfordern
  • ihm nicht zu gefallen

Wildheit, Kontrollverlust und Ekstase sind mögliche Teile der männlichen Sexualität, so mächtig, wie die Aggression, die Leben vernichten kann. Das Abspulen von automatisierten Programmen beim Sex hat mit Sexualität nichts zu tun. Abspulen erlernter sexueller Bewegungsprogramme: Das sind Sicherheitsprogramme und Konvention für angstbesetzte Situationen. Man tut, was man kann, um auf der sicheren Seite zu bleiben.

Aggression ist eine wesentliche Komponente im Sex: leidenschaftlich, ungezähmt und unberechenbar, pure Lust und Geilheit. Das ist seine Stärke: sexuelles Verlangen, Eroberungswille und Leidenschaft.

Viele Frauen sehnen sich danach, sein Begehren und seine Unberechenbarkeit zu spüren, seine wilde und animalische Seite zu sehen. Weck das Raubtier, riskiere, gefährlich zu sein. Das ist nicht identisch mit Gewalt in der Sexualität. Sexuelle Straftaten werden oft von Menschen begangen, die keinen Zugang zu ihrer Aggression haben, und die sich deshalb destruktiv entlädt.

Der Kontakt zum Herzen ist blockiert.

Das bedeutet, dass Sexualität und Liebe getrennt sind. Das ist verletzend und führt zur Wunschtrennung von Mama und Hure. Der Grund ist die Angst vor den eigenen Gefühlen. Es macht den Unterschied aus zwischen dem erotischen Kick und wirklicher Begegnung, Liebe und Vereinigung mit der Partnerin. Nicht alle Männer gestehen sich diese Sehnsucht ein, beim Sex das Herz für die Partnerin zu öffnen. Der Preis ist hoch. Es ist vor allem der Verlust des Kontaktes zum Herzenskrieger. Die Mischung aus wildem, geilem Sex und der Hingabe an das Glück, die Ekstase und die Verschmelzung.

Das Versprechen erfüllter Sexualität besteht nicht im Erleben guter Techniken, die man nach Bildvorlage nachspielt. Es ist die Berührung von Körper und Seele. Das Wechselspiel der Energien von Mann und Frau. Langsamkeit und Bewusstheit.

Orgasmus und Ejakulation

Orgasmus und Ejakulation sind zwei verschiedene Dinge. Die Ejakulation ist das Herauspumpen der Samen aus den Hoden nach der Beimengung der Samenflüssigkeit. Der Orgasmus ist ein Erlebnis auf körperlicher, emotionaler, geistiger und spiritueller Ebene.

Körperlich

Auf körperlicher Ebene geschieht der Orgasmus von Kopf bis Fuß. Die Beschreibungen des Geschehens sind verschieden, die neurologischen Beschreibungen gibt es, sie sind aber für das konkrete Erleben irrelevant oder hinderlich. Aber die Körpersensationen kommen von innen, nicht von außen. Es kann das Gefühl eintreten, dass sich Grenzen auflösen. Dieses Gefühl des Kontrollverlustes kann irritierend sein, muss es aber nicht.

Emotional

Es ist eine Erschütterung des Beckens, des Herzens und des ganzen Körpers. Ein starker emotionaler Strom, der dazu führen kann, dass sich Weinen oder Lachen lösen. Auch alter Schmerz kann aktiviert werden. Oder es ist ein Gefühl der inneren Berührung.

Geistig

Fantasien und Bilder entstehen im Kopf, es kann sein, dass man sich wie mit einer fliegenden Kamera von außen beobachtet. Man kann beim Sex geistig sehr aktiv sein, nur beim Orgasmus geht das Licht aus. Funkstille. Die große Leere. „Niemals ist der Mensch den Göttern näher als beim Spiel von den Wolken und dem Regen.“ Dennoch ist man ganz präsent und wach, 100 % gegenwärtig. Zeitlosigkeit und Trance treten ein: unbewusst und unwillkürlich fokussierte Aufmerksamkeit. Geistige Klarheit und ein helles Licht. Ewigkeit im Augenblick und unendliche, grenzenlose Weite. Es ist der Wechsel von unruhigen Betawellen über Alpha- zu Thetawellen.

Spirituell

Ich betrete meinen eigenen Tempel, ich begegne dem Gott in mir. Der Geist ist wach und ruhig, die Spannung weicht aus dem Körper. Der Raum der Stille und des inneren Friedens. Weite und angenehme Leere, in der ich lange bleiben könnte.

Überblick

In dieser dreiteiligen Beitragsserie sind eine Reihe von Vorschlägen für therapeutisches Arbeiten, aber auch für Gruppenarbeit mit Männergruppen enthalten, die positive Ergebnisse erbringen können. Sollten diese für Sie eine Inspiration enthalten, so bin ich für ein Feedback dankbar.

Thomas SchnuraThomas Schnura
Psychologe M. A., Heilpraktiker und Dozent

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Fotos: ©auremar, ©tiagozr