Auch kein Zuckerschlecken… beim Nachwuchs der Approbierten
Heilpraktiker für Psychotherapie haben manchmal den Eindruck, auf der falschen Seite des Tisches zu sitzen: In vieler Hinsicht haben es die approbierten Psychologischen Psychotherapeuten einfacher.
Und obwohl die Patientinnen und Patienten sich klar pro Heilpraktiker positionieren, lässt der einschlägige Lobbyismus nichts unversucht, um unseren Berufsstand in Misskredit zu bringen. Doch ein Blick über den Tellerrand zeigt: auch bei den niedergelassenen Psychotherapeuten ist nicht alles Gold was glänzt. Insbesondere der berufliche Nachwuchs hat es schwer:
Hintergrund ist ausgerechnet die für die niedergelassenen Kollegen erforderliche Erlaubnis zur Abrechnung mit den Krankenkassen. Dafür braucht man – neben der Approbation – einen sogenannten Vertragstherapeutensitz. Deren Zahl wurde 1999 festgeschrieben und hat sich seitdem nicht verändert.
Wenn in einem Gebiet alle Vertragstherapeutensitze belegt sind, nennt sich das „Vollversorgung“. Wobei sich diese „Vollversorgung“ aber nicht über Zahl und Bedarf der Patienten definiert, sondern an der Zahl der vor 20 Jahren in diesem Gebiet niedergelassenen Psychotherapeuten bemisst.
Junge Psychotherapeuten können Vertragstherapeutensitze damit nur übernehmen, wenn ein älterer Kollege seinen Sitz abgibt. Das macht aber kaum jemand kostenlos: Inzwischen sollen für einen halben (!) Vertragstherapeutensitz in deutschen Millionenstädten schon mehr als 80 000 Euro gezahlt worden sein. Selbst im Speckgürtel der Metropolen sollen 70 000 Euro für einen halben Sitz nicht ungewöhnlich sein.
Solche Preise können sich gerade Studienabsolventen kaum leisten. Das führt, berichten Insider, zu einer Entwicklung, die weder im Sinne der Patientinnen und Patienten, noch des Gesetzgebers sein kann: Studienabsolventen müssen sich nach jahrelangem und teurem Studium offenbar in einer bestehenden Praxis oder in einem MVZ anstellen lassen, um überhaupt arbeiten zu können. Auf diesen Angestellten laste – wie Insider weiter berichten – häufig der Druck, möglichst viel Umsatz zu generieren und dies oft auch auf Kosten der Patientinnen und Patienten. Diese würden oft als reine Finanzobjekte gesehen, es gebe intern Anweisungen, Erstgespräche so kurz wie möglich zu halten und Testungen möglichst oft abzurechnen, auch wenn es gar keine Aussichten auf einen Therapieplatz gebe. Das gehe natürlich zu Lasten der Patienten aber auch der Krankenkassen als Solidargemeinschaften.
14.10.2020